Villa Cavrois & Villa Tugendhat

Ende der zwanziger Jahre wurden die Architekten Robert Mallet-Stevens und Mies van der Rohe von zwei Familien aus der Textilindustrie beauftragt, außergewöhnliche Villen zu konzipieren: die Villa Cavrois in Croix/Roubaix und die Villa Tugendhat in Brno.
Beide Gebäude wurden nach dem Einmarsch der deutschen Nationalsozialisten beschlagnahmt und erlitten in der Folgezeit gravierende Verwüstungen und Eingriffe. Erst ab 2008 wurden durch das Centre  des monuments nationaux (Villa Cavrois) und 2010-12 (Villa Tugendhat) diese „Iconic Houses“ nach umfangreichen Restaurierungen und Rekonstruktionen wieder in den Zustand von 1930/32 versetzt.
Paul Cavrois (1890-1965) war auf Robert Mallet-Stevens durch dessen Bauten in Paris, Innenausstattungen, Messen und Set-Designs aufmerksam geworden und auch durch die extravagante Villa für Charles und Marie-Laure de Noailles in Hyères. Um den Auftraggeber mit der neuen Formensprache vertraut zu machen, reiste Mallet-Stevens 1930 mit Paul Cavrois nach Hilversum, um dort das Rathaus von Willem Marinus Dudok zu besichtigen. Dudok hatte hier Einflüsse der Architekten H.P. Berlage und Frank Lloyd Wright zu einem imposanten Komplex vereinigt und die Außenhaut mit gelben Ziegeln verkleidet. Im Juni 1930 war Baubeginn in Croix, Jean Prouvé lieferte den Fahrstuhl und zur Heirat der Tochter Geneviève im Juli 1932 konnte die Villa bezogen werden.
Grete Tugendhat (1903 Brno – 1970 St. Gallen) hatte von ihrem Vater Alfred Löw-Beer oberhalb von dessen Haus ein Grundstück mit Blick über die Stadt Brno geschenkt bekommen. Das Ehepaar Grete und Fritz Tugendhat reiste Ende 1928 aus Brno nach Berlin, um dort mit Freunden Sylvester zu feiern. Dort trafen sie den Architekten Mies van der Rohe der bereits für die Textilunternehmer Hermann Lange und Josef Esters ab 1927 zwei moderne Villen in Krefeld entworfen hatte und bei den Inneneinrichtungen mit Lilly Reich kooperierte. Mies präsentierte Ihnen an diesem Neujahrsabend in seinem Atelier Am Karlsbad die fertigen Pläne für eine Villa in Brno. Die Auftraggeber waren erstaunt über den offenen, fließenden Grundriss, der im Hauptraum nur durch eine freistehende Onxy-Wand und eine kreisförmige Wand aus Makassar Ebenholz strukturiert wurde. Kleine Kreuze im Entwurf in einem Rasterabstand von ca. fünf Metern bezeichneten die tragenden Stahlstützen, um freie Sicht nach Außen zu gewährleisten. Zudem konnten die großen Fenster (Format 5x3 Meter) auf der Gartenseite komplett versenkt werden (Fertigstellung des Gebäudes 1930).

Villa Cavrois

Villa Cavrois (c) Frieder Schnock - Berlin

Villa Cavrois (c) Frieder Schnock - Berlin

Villa Cavrois (c) Frieder Schnock - Berlin

Villa Cavrois (c) Frieder Schnock - Berlin

Villa Cavrois (c) Frieder Schnock - Berlin

Villa Cavrois (c) Frieder Schnock - Berlin

Villa Cavrois (c) Frieder Schnock - Berlin

Villa Cavrois (c) Frieder Schnock - Berlin

Villa Cavrois (c) Frieder Schnock - Berlin

Villa Cavrois (c) Frieder Schnock - Berlin

Villa Cavrois (c) Frieder Schnock - Berlin

Villa Cavrois (c) Frieder Schnock - Berlin

Villa Cavrois (c) Frieder Schnock - Berlin

Villa Cavrois (c) Frieder Schnock - Berlin

Villa Cavrois (c) Frieder Schnock - Berlin

Villa Cavrois (c) Frieder Schnock - Berlin

Villa Cavrois (c) Frieder Schnock - Berlin

Villa Cavrois (c) Frieder Schnock - Berlin

Villa Cavrois (c) Frieder Schnock - Berlin

Villa Cavrois (c) Frieder Schnock - Berlin

Villa Cavrois (c) Frieder Schnock - Berlin

Villa Cavrois (c) Frieder Schnock - Berlin

Villa Cavrois (c) Frieder Schnock - Berlin

Villa Cavrois (c) Frieder Schnock - Berlin

Villa Cavrois (c) Frieder Schnock - Berlin

Villa Cavrois (c) Frieder Schnock - Berlin

Villa Cavrois (c) Frieder Schnock - Berlin

Villa Cavrois (c) Frieder Schnock - Berlin

Villa Cavrois (c) Frieder Schnock - Berlin

Villa Cavrois (c) Frieder Schnock - Berlin

Im Kellergeschoss Relikte und Fundstücke - neben den Wirtschaftsräumen

Villa Cavrois (c) Frieder Schnock - Berlin

Memento: Das Haus vor der Restaurierung.
Zum Vergleich wurde dieser eine Raum im Zustand der vorherigen Verwahrlosung belassen.

 

Villa Tugendhat

Villa Tugendhat (C) Frieder Schnock - Berlin

Villa Tugendhat (C) Frieder Schnock - Berlin

Villa Tugendhat (C) Frieder Schnock - Berlin

Villa Tugendhat (C) Frieder Schnock - Berlin

Villa Tugendhat (C) Frieder Schnock - Berlin

Villa Tugendhat (C) Frieder Schnock - Berlin

Villa Tugendhat (C) Frieder Schnock - Berlin

Villa Tugendhat (C) Frieder Schnock - Berlin

Villa Tugendhat (C) Frieder Schnock - Berlin

Villa Tugendhat (C) Frieder Schnock - Berlin

Villa Tugendhat (C) Frieder Schnock - Berlin

Villa Tugendhat (C) Frieder Schnock - Berlin

Villa Tugendhat (C) Frieder Schnock - Berlin

Villa Tugendhat (C) Frieder Schnock - Berlin

Villa Tugendhat (C) Frieder Schnock - Berlin

Villa Tugendhat (C) Frieder Schnock - Berlin

Villa Tugendhat (C) Frieder Schnock - Berlin

Villa Tugendhat (C) Frieder Schnock - Berlin

Villa Tugendhat (C) Frieder Schnock - Berlin



Villa Tugendhat (C) Frieder Schnock - Berlin

Villa Tugendhat (C) Frieder Schnock - Berlin

Villa Tugendhat (C) Frieder Schnock - Berlin

Villa Tugendhat (C) Frieder Schnock - Berlin

Villa Tugendhat (C) Frieder Schnock - Berlin

Villa Tugendhat (C) Frieder Schnock - Berlin

Villa Tugendhat (C) Frieder Schnock - Berlin

Villa Tugendhat (C) Frieder Schnock - Berlin

Villa Tugendhat (C) Frieder Schnock - Berlin

Text & Fotos © Frieder Schnock, Berlin - VG Bild-Kunst Bonn/Berlin - ARS / New York City

 

 

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Ein Museum für das 20. Jahrhundert: „berlin modern“

Aus der Vielzahl unterschiedlichster Ansätze für den Erweiterungsbau eines Museums für die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts – zu planen mit einem Kostenrahmen von 200 Millionen Euro - wurde der Wettbewerbsentwurf von Herzog & de Meuron (H&M) am 26. Oktober 2016 in einem einstufigen Verfahren ausgewählt. Leider erfolgte in einer zweiten Phase keine Aufforderung an die Erstplatzierten, vor einer finalen Entscheidung eine Präzisierung der Entwürfe vorzulegen. Ein symbolischer Spatenstich für den Bau von H&M erfolgte im Dezember 2019 – damit wurde vertragsgemäß die Schenkung der Sammlung Pietzsch für die Nationalgalerie gesichert - und seit Frühjahr 2021 wird im Kulturform gebaggert. Mit der nun im April 2023 von der neuen Kulturstaatsministerin und dem Präsidenten des Bundesumweltamts vorgestellten Überarbeitung beläuft sich die Bausumme bereits auf ca. 500 Millionen Euro (geplante Fertigstellung ca. 2028). Zum Vergleich: die komplette, mustergültige Renovierung (inkl. unterirdische Erweiterung) der Neuen Nationalgalerie von Mies van der Rohe durch das Architekturbüro Chipperfield war mit 100 Millionen geplant und kostete dann 140 Millionen. Die Intentionen des geplanten Museumsneubaus von Herzog & de Meuron neben der Neuen Nationalgalerie sind folgende:
„Die Fassade wurde zu allen vier Seiten hin geöffnet und untergliedert. Dadurch werden Zugänge und Blickbezüge ins Innere geschaffen und das Museum verbindet sich mit dem umgebenden Stadtraum.“ „Zwei sich kreuzende Boulevards bilden das Herzstück des Museums im Inneren. Sie laden die Besucherinnen und Besucher ein, sich an diesem Ort zu treffen, zu verweilen und gemeinsam Kunst anzusehen.“ „Die textile Qualität der Fassaden soll sich über das Dach hinweg erstrecken. Damit wird der Eindruck eines einheitlichen Gebäudekörpers verstärkt. Die beiden sich kreuzenden Boulevards verbinden die weiteren Einrichtungen am Kulturforum miteinander, zum Beispiel die Staatsbibliothek zu Berlin, die Gemäldegalerie oder die Philharmonie.“ (zit. siehe https://www.nationalgalerie20.de/entwurfsansichten)
Auf dem Bauzaun um die große Baugrube (mit dem aktuellen Slogan „Wir sind offen“) werden die obigen Ausführungen visualisiert (s. Abb. unten). Das „Rendering eines archetypischen großen Hauses im urbanen Raum“ (O-Ton zum SMPK-Bauvorhaben) wurde im Volksmund seit 2016 als „Scheune“ bezeichnet und mit „archetypischen“, frei stehenden Gebäuden großer Discounterketten verglichen (s. Collage). Diese verbale Verballhornung des geplanten Museumsgebäudes wurde einerseits durch die schlichte Giebelform - von Unwissenden nicht sogleich als „Tempelmotiv“ erkannt - und die großen, verschiebbaren (Scheunen-)Tore an drei Seiten des Neubaus hervorgerufen. Durch die aktuelle Überarbeitung soll das Bauprojekt nun „sozial und ökologisch noch nachhaltiger und teilhabegerechter“ werden (u.a. Wassermanagement, mehr Recyclingmaterial und eine Photovoltaikanlage auf dem Dach), kurz: mehr Grün/Verwaldung um den Bau inklusive Biergarten. Ticketfreie, kuratierte Angebote im Außenraum sollen die Aufenthaltsqualität steigern (die aktuell bereits bei Veranstaltungen in der großen Halle der Neuen Nationalgalerie erfolgreich praktiziert wird). Die eigentlich geplante, unterirdische Verbindung zur Neuen Nationalgalerie könnte durch eine dort verlegte, wichtige Stromtrasse schwierig werden; alternativ ist daher in diesem Übergangsbereich in der neuen Visualisierung ein Skulpturengarten mit einer „Spinne“ von Louise Bourgeois hinzugekommen und der vorspringende Kubus in der nördlichen Glasfassade ist jetzt mit einer Arbeit von Katharina Sieverding dekoriert. Hinter dem Straßenbegleitgrün an der Potsdamer Straße und an der Ostseite können sich nun Besucher_innen auf langen Sitzbänken an das Gebäude anlehnen. Hier nehmen Herzog & de Meuron ein Motiv des von ihnen realisierten Parrish Art Museums in Water Mill/Long Island auf (s. Abb.). Sie haben sich dabei an ortstypischen, langen Kartoffelscheunen orientiert, die teilweise in die Erde eingegraben sind und Erdaufschüttungen an den Längsseiten der Lagerhallen vermindern das Auskühlen des Innenraums. Der seitliche Eingang ist auch beim Parrish Art Museum bereits kleiner ausgeführt und es wurde auf überdimensionale Schiebetore verzichtet.
Die verführerische, aber realitätsferne Kernaussage des Wettbewerbsgewinners – zwei sich kreuzende, öffentliche Wege/Boulevards durch das Museumsgebäude – ist nun u.a. wegen klimatischer und sicherheitstechnischer Erfordernisse ebenfalls auf der Strecke geblieben.

© Frieder Schnock, Berlin 2023

Bauarbeiten am Kulturforum (c) Frieder Schnock
Bauarbeiten am Kulturforum 2019
© Frieder Schnock

Info zum Kontext

Bauzaun-Intro am Kulturforum 2023
© Frieder Schnock

Geschlossene Neue Nationalgalerie
Vor der Renovierung der Neuen Nationalgalerie
© Frieder Schnock

"Verwaldung" der Neuen Nationalgalerie

„Verwaldung“ der Neuen Nationalgalerie vor der Renovierung durch das Büro Chipperfield
© Frieder Schnock

Work in Progress Neue Nationalgalerie
Work in Progress durch das Büro Chipperfield (2016-2021)
© Frieder Schnock

Competion Papers "berlin modern"

Wettbewerbsausschreibung für das neue Museum neben der Neuen Nationalgalerie von Mies van der Rohe

Trinkhalle am Kulturforum 2019

„Gastronomisches Angebot“ am Kulturforum (inkl. skulpturale Berlinale-Werbung), 2019
© F. Schnock

Wettbewerbsgebiet 2019

Wettbewerbsgebiet 2019 (Blick in Richtung Potsdamer Platz)
© Frieder Schnock

Bauzaun an der Neuen Nationalgalerie mit Entwurf von Herzog & de Meuron

Bauzaun-Plakatierung mit dem Entwurf des Wettbewerbsgewinners Herzog & de Meuron
© Frieder Schnock

Collage zum Entwurf von Herzog & de Meuron

Collage auf Bauzaun-Plakatierung mit dem siegreichen Entwurf von Herzog & de Meuron
© Frieder Schnock

Baubeginn berlin modern 2021

Baubeginn 2021 (im Hintergrund das Kunstgewerbemuseum und der Kammermusiksaal)
© Frieder Schnock

Baugrube April 2023

Baugrube im April 2023 (Blick zu Neuen Nationalgalerie)
© Frieder Schnock

Beschilderung der Baustelle

Beschilderung der Baustelle, April 2023
© Frieder Schnock

Bauzaun-Info zum Entwurf aus dem Jahr 2021

Bauzaun-Info zum Entwurf von Herzog & de Meuron aus dem Jahr 2021
© Frieder Schnock, Berlin 2023

Sigismundstraße zwischen Baustelle und Neue Nationalgalerie

Sigismundstraße zwischen Baustelle und Neuer Nationalgalerie, April 2023
© Frieder Schnock

New Design berlin modern April 18, 2023

Vorstellung der neuen Entwürfe für „berlin modern“ am 18.4.2023 (neuer seitlicher West-Eingang und Skulpturengarten auf der früheren Sigismundstraße)
© Herzog & de Meuron Basel Ltd., Basel, Schweiz mit Vogt Landschaftsarchitekten AG, Zürich/Berlin

Parrish Art Museum - Entrance

Eingang in das Parrish Art Museum auf Long Island (vom Architekturbüro Herzog & de Meuron)
© Frieder Schnock

Parrish Art Museum - Entrance Area

Eingangssituation Parrish Art Museum, Water Mill / Long Island, NY
© Frieder Schnock

Parrish Art Museum - Water Mill Long Island NY

Seitenansicht, Parrish Art Museum 2023
© Frieder Schnock

Bench along the Parrish Art Museum

Überdachte Sitzbank aus Beton an der Längsseite des Parrish Art Museums, 2023
© Frieder Schnock

North Side - berlin modern - 2021 + 2023

Entwürfe für die Nordseite, 2021 und 2023
© Herzog & de Meuron Basel Ltd., Basel, Schweiz mit Vogt Landschaftsarchitekten AG, Zürich/Berlin

Neue Nationalgalerie nach der Renovierung, 2021 (Untergeschoss, Blick nach Westen) (c) Frieder Schnock

Ost-West-Achse im Untergeschoss der Neuen Nationalgalerie, 2021 (nach der Renovierung und vor der ersten Ausstellung)

Text & Fotos © Frieder Schnock, Berlin - VG Bild-Kunst Bonn/Berlin - ARS / New York City

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